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NUB im urbanen Raum 2021 – Phänomen Hitzeinsel

#aus den Kursen #Praxisbeispiele

Im Kurs «Naturbezogene Umweltbildung im urbanen Raum 2021» des CAS Naturbezogene Umweltbildung sind verschiedene Blogbeiträge zu Umsetzungen des Themas «Lernen in der Stadtnatur» entstanden. Sie werden hier in diesem Format veröffentlicht.

Danke allen Autor*innen und Beteiligten.

Vera Lusser

Phänomen Hitzeinsel

Unsere Städte sind meist eng bebaut mit hohen Gebäuden aus Stein, Glas, Metall oder Beton, Böden sind versiegelt durch Asphalt, der Anteil an begrünter Fläche ist klein, der motorisierte Verkehr nimmt zu. Natürliche (Sonnen-)Wärme wird in dieser Umgebung gut gespeichert und absorbiert, ausgleichender Wind zirkuliert jedoch kaum und künstliche (Motoren-)Wärme wird vermehrt eingetragen.

Der städtische Raum wird also zunehmend zu einer „Hitzeinsel“ oder zu einem „Backofen“ mit Auswirkungen auf (insbesondere ältere) Menschen sowie Pflanzen und Tiere. Dieser Effekt zeigt sich besonders nachts: Während tagsüber die Temperaturunterschiede zwischen Stadt und Umland nur etwa 2 Grad betragen, können diese in windstillen Sommernächten auf bis zu 10 Grad ansteigen. Auch Hitzetage (d.h. Temperaturen über 30 Grad) und Tropennächte (d.h. Temperaturen über 20 Grad) gibt es in der Stadt bereits jetzt deutlich öfter als auf dem Land und Hitze ist schon heute in Europa das für Menschen tödlichste Naturereignis.

Eigene Erfahrungen lassen Temperaturunterschiede zwischen verschiedenen Umgebungen spürbar werden: Nach einem Waldspaziergang wieder ins heisse, stickige Quartier kommen; an Stadtläufen wie dem Grand-Prix in Häuserschluchten in eine „Hitzewand“ reinlaufen; im Frühling frühmorgens die ersten Vogelstimmen im warmen, beleuchteten Quartier bis zu 30 Minuten früher hören als an der dunklen, kühlen Aare. Das Problem der „Hitzeinsel“ kommt zunehmend ins öffentliche Interesse. Es wird versucht, mit neuen Formen und Materialien, beispielsweise anderer Farbgebung oder Ausrichtung von Gebäuden, mehr wasserspeicherndem und -verdunstendem Grün oder hellerem, besser reflektierendem Strassenbelag, zu bauen, damit Wärme weniger absorbiert werden und die Luft besser zirkulieren kann, und es wird erforscht, welche Bäume und Pflanzen mit den höheren Temperaturen und der zunehmenden Trockenheit besser umgehen können.

Eines der ersten Projekte zur Verminderung von bzw. Anpassung an zunehmende Hitze war „AcclimataSion“ 2016 in Sion – die Stadt, in der die durchschnittliche Temperatur in den letzten 25 Jahren schweizweit am stärksten anstieg und sie zur wärmsten Stadt der Schweiz machte. Auch in meiner Umgebung, einem von Hochhäusern geprägten Quartier im Westen der Stadt Bern, sind die Sommerhitze und die nächtliche Wärmeabstrahlung spürbar, der nahe Bremgartenwald kühlt jedoch (noch) soweit aus, dass die Temperaturen im Vergleich mit anderen Stadtquartieren mehrere Grade tiefer sind.

In der Stadt Bern bin ich auf verschiedene Projekte zum Thema „Hitze“ gestossen: So gab es 2018 in Zusammenarbeit mit dem geographischen Institut der Universität Bern 84 über die Stadt verteilte Wärmesensoren, die in regelmässigen Abständen von 10 Minuten Tag und Nacht die Temperatur massen; es gibt einen interaktiven Stadtplan mit Markierung der Schatten- und Abkühlungsplätze sowie der Brunnen, die Trinkwasser führen; im Rahmen des Themenjahres „Natur braucht Stadt“ wurde die „Aktion Klimabalkon“ u.a. in Form eines Wettbewerbs lanciert, welcher die Bevölkerung sensibilisieren soll, auch im kleinen auf dem eigenen Balkon etwas für ein angenehmeres Mikroklima und gegen den „Backofen“ Stadt zu tun.

Mir war bereits vor dem Kurs bewusst, dass Hitze in der Stadt zunehmend zum Problem wird und dass unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten Wärme unterschiedlich reflektieren. Diese Unterschiede von teils mehr als 20 Grad im Umkreis von nur wenigen Metern auf verschiedenen Untergründen wie im Schatten eines Baumes, auf der freien Wiese, am Metall, auf Tartan, Naturstein und Asphalt am eigenen Körper zu spüren und durch Messen mit einem für mich neuen speziellen Thermometer von den Zahlen bestätigt zu bekommen, war aber besonders eindrücklich.

Dies macht (auch für „Klima-Skeptiker“) mess- und belegbar, was man auf körperlicher Ebene beim Umhergehen bereits fühlt. Auch das Markieren der kleinen, „unkrautartigen“ Pflanzen, die den Asphalt von Trottoirs durchbrechen und dadurch für „Unordnung“, aber auch für besseres Versickern von Niederschlägen und Abkühlung durch erneute Verdunstung sorgen, hat mir die Rolle, die diese Pflänzchen spielen, neu vor Augen geführt.

Im Unterricht würde ich die Thematik der „Hitzeinseln“ bereits ab dem 2. Zyklus (Mittelstufe) entdeckend und erforschend angehen. Die Schüler*innen sollen dabei wahrnehmen und erfahren, dass es je nach Umgebung, Bepflanzung und Bodenbeschaffenheit deutlich wärmer bzw. kühler wird. Sie sollen anhand vom Beispiel einer (umgestalteten) Schulhausumgebung lernen, welche Rolle bodenaufbrechende Pflanzen und Moose spielen und was sie als Kinder oder Jugendliche im Kleinen bereits als Anpassung an oder gegen die zusätzliche Erwärmung tun können – beispielsweise in der Garten- und Balkongestaltung (mit viel grün und wenn möglich Wasser), in der Freizeit- und Feriengestaltung (ohne Auto…). Sie sollen Strategien kennenlernen, um der Überhitzung des eigenen Körpers entgegenzuwirken und – gerade in meinem multikulturellen Schulumfeld – Strategien und Anpassungen an die Hitze in anderen, tropischen und subtropischen (Herkunfts-)Ländern vergleichen (beispielsweise Lehmhäuser, mit Kalk getünchte Häuser, Räume mit kleinen Fenstern ohne Scheiben, Siesta, Ernährungsgewohnheiten…).

Linkliste zu Angeboten und Projekten im Raum Bern

ProNatura Zentrum Eichholz Wabern

Seit 10 Jahren bestehendes Naturreservat auf dem Gelände einer ehemaligen Fischzucht an der Aare, gleich neben dem bekannten Campingplatz Eichholz. Jährliche Ausstellung von April bis Oktober (in den letzten Jahren zu Fledermäusen, Wildbienen, Rabenvögeln, im kommenden Jahr Eidechsen), Führungen für Schulklassen und Anlässe für Familien, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, teils in Zusammenarbeit mit Fäger – Ferienpass der Stadt Bern und Familienzentrum Bern. Trotz lauter „Partyabende“ auf der benachbarten grossen Wiese zeigen Fotofallenbilder, dass sich neben den 50 Vogel- und 19 Libellenarten auch grössere Tiere im Reservat sicher fühlen, sich ansiedeln oder zu Besuch kommen, so Fuchs und Dachs, Iltis, Baum- und Steinmarder, Rehe, (leider) wildernde Katzen und Hunde und nicht zuletzt Fischotter und Biber.

https://vnz-eichholz.ch

https://www.pronatura-be.ch/de/zentrum-eichholz

faunaberna

Seit drei Jahren bestehender Verein mit dem Ziel, vermehrt junge Erwachsene anzusprechen und für die Natur zu begeistern, Exkursionen und Einsätze vorwiegend für Jugendliche und Erwachsene.

https://faunaberna.ch

Natur Bern West

Seit 10 Jahren bestehender Verein zur Förderung der Natur im Westen von Bern (früher unter dem Namen Pro Gäbelbachtal), Information und Sensibilisierung, Anlässe wie Neophyten-Aktionen vorwiegend für Erwachsene.

https://www.naturbernwest.ch

Grünes Klassenzimmer

Seit rund 20 Jahren bestehendes naturpädagogisches Angebot in der Elfenau Bern – „dank“ Corona nun vermehrt auch mobil in den Wäldern der Umgebung. Verschiedene angeleitete Themen-Werkstätten für Primarschulklassen, gratis für den ganzen Kanton Bern.

https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/stadtnatur/natur-erleben/grunes-klassenzimmer

Wildwechsel – Stadtnatur für alle

Ableger des Grünen Klassenzimmers, jeweils von Mai bis September in einem Stadtquartier mit einem Bauwagen vor Ort. Führungen für die Schulklassen der Umgebung, aber auch öffentliche Workshops, Abendführungen und Beratungen zur Stadtnatur für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, kostenlos.

https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/stadtnatur/natur-erleben/wildwechsel

Natur braucht Stadt

Themenjahr zur Biodiversität in der Stadt Bern.

Praxishandbuch mit umfangreichen Informationen und vielfältigen Tipps und Anregungen zur Förderung der Biodiversität im eigenen Wohnumfeld.

https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/stadtnatur/biodiversitaet/natur-braucht-stadt/praxishandbuch

Stadtspaziergänge durch verschiedene Quartiere mit Hinweistafeln zu besonders „Sehenswertem“

in Bezug auf Natur und Biodiversität.

https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/stadtnatur/biodiversitaet/natur-braucht-stadt/programm/download-broschuere-programm-und-spaziergaenge/flyera5-web-klein.pdf/@@download/file/Broschüre_Natur%20braucht%20Stadt_korr.pdf

Anregungen für Kinder auf den Stadtspaziergängen.

https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/stadtnatur/biodiversitaet/natur-braucht-stadt/biodiversitaet-fuer-kinder/download/biodiversitaets-familienspaziergaenge.pdf/@@download/file/Biodiversitaets-Familienspaziergaenge.pdf

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