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NUB im urbanen Raum – Littering

#aus den Kursen #Praxisbeispiele

Im Kurs «Naturbezogene Umweltbildung im urbanen Raum 2021» des CAS Naturbezogene Umweltbildung sind verschiedene Blogbeiträge zu Umsetzungen des Themas «Lernen in der Stadtnatur» entstanden. Sie werden hier in diesem Format veröffentlicht.

Danke allen Autor*innen und Beteiligten.

Peter Müller

Ein ökologisches und soziales Phänomen der Stadtnatur in ihrer Wechselwirkung

 

Herleitung und Bezug zum Kurs; NUB Urbaner Raum

Während des Kurses, beim Aufenthalt auf dem Areal Schulhaus Scherr, Zürich, haben wir den Umgang und mögliche Strategien mit und zu Littering ausgetauscht. Das hat für mich ein Thema getroffen, welches mich schon länger bewegt und anstösst. Und zwar ökologische und soziale Phänomene der Stadtnatur in ihrer Wechselwirkung. Mein Arbeitsort ist ein Landwirtschaftsbetrieb, der im Laufe seiner Geschichte ein Teil eines grossen Stadtquartiers geworden, ein Ort, wo sehr unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen. Und ich mittendrin, als Landwirt, als Betreuer von beeinträchtigtem Mitarbeiter und als angehender Umweltbildner Darüber schildere ich, weiter unten in der Darstellung, über eine kleine Geschichte. Eine Geschichte woraus sich folglich Leitfragen für diese Schriftliche Darstellung ableiten lassen.

Und Zwar;

Welche Methoden kennen wir aus der Umweltbildung, um Littering zu vermeiden? Wie können wir als NUB Fachpersonen, aus diesen «Gewohnheiten» im Zusammenhang mit Littering, Umdenken initiieren, die Zielgruppen effektiv ansprechen, ohne den Mahnfinger zu erheben?

 

«Wer litttert überhaupt, und warum? Vorerst mache ich mich auf die Suche, mit welchen Zielgruppen ich überhaupt zu tun habe. Bei Ralph Hansmann, ETH Zürich, habe ich eine Antwort gefunden».

 

Wer littert und warum?

Der Prototyp des Litterers ist ein junger Mann. Studien, sei es aus der Schweiz oder aus dem europäischen Ausland, zeigen, dass junge Menschen mehr littern als ältere, und Männer mehr als Frauen.

Sechs Gründe lassen sich aufgrund von Forschungsergebnissen fürs Littern anführen:

  • Grund 1: Bequemlichkeit und eine gewisse Verantwortungslosigkeit – ich mag den Müll nicht mitnehmen und es ist mir auch egal, was damit passiert.
  • Grund 2: Achtlosigkeit – ich vergesse es schlicht, den Abfall mitzunehmen, weil es mir nicht wichtig ist.
  • Grund 3: Gruppendruck – weil die anderen es auch tun, mache ich es auch.
  • Grund 4: Alkohol – Alkoholkonsum enthemmt und macht mich auch beim Littern rücksichtsloser.
  • Grund 5: Es liegt an einem Ort schon so viel Abfall, da fällt meiner gar nicht mehr ins Gewicht.
  • Grund 6: Der Abfall wird ja eh weggeräumt – da kann ich ja auch meinen hier liegen lassen.

(Quelle: Ralph Hansmann, Umweltpsychologe, ETH Zürich)

 

«Wer kümmert sich um die Aufräumarbeiten und deren Recycling, die Prävention und Bildung punk-to Littering?»

 

Strategien zur Verminderung von Littering in Anwendung

Aktuelle Strategien von Seitens den öffentlichen Diensten und Kontrollorganen

  • Sensibilisierung-Arbeit, Clean-UP Angebote an Schulen und Raumpatenschaftsprojekte durch IGSU (IG saubere Umwelt)
  • Swiss Recycling bietet eine Plattform für Beratung für Kreislaufwirtschaft, Förderung von Sammel- Infrastruktur, vermittelt Wissen durch ein Kompetenzzentrum, geben ihr Wissen durch ein praxisorientiertes Kurssystem weiter. Der Massnahmenmix aus Sensibilisierung, Reinigung, Bereitstellung einer konsumnahem Abfallinfrastruktur und Bussen bewährt sich.
  • Umweltbildnerische Angebote zum Thema Littering an Schulen durch PUSCH (praktischer Umweltschutz) Sie erarbeiten konkrete Lösungsansätze zu den Themen Abfallvermeidung und Recycling, welche sie im Alltag umsetzen können. Spricht auch gezielt Jugendliche an mit alters entsprechenden Methoden
  • Ordnungsbussen als abschreckender Effekt durch Kontrollorgane; Kantonspolizei, Regionalpolizei, von den Behörden ermächtigten Hilfskräften, wie z.B. aus Naturschutzorganisationen, Wildhüter, Ranger-/innen von Natur-, Gewässerschutzgebieten, usw.

 

«Welche Modelle für stehen uns in der NUB zur Verfügung, um Prozesse darzustellen und veranschaulichen?»

Das Brückenmodell als Erklärungsschema

Eine Metapher für die Interaktion des Subjekts mit seiner Mit- und Umwelt. Verhalten, Lernen, Bildung sind das Resultat der Interaktion zwischen Innen und Aussen, intrinsisch und extrinsisch. Es kann auch als ein ökologisches und soziales Phänomen und Metapher der Stadtnatur in ihrer Wechsel -Wirkung, verstanden werden.

Meine Kritische Wahrnehmung vom Recycling-Land Schweiz

Im Allgemeinen wird die Schweiz als sehr sauber wahrgenommen. Und eine Recycling-Infrastruktur entwickelt sich in eine Richtung Recycling Industrie, welche die Wertstoffe in den Stoffkreisläufen integrieren. Dennoch kostet das Littering die Schweiz immer noch Millionen Franken in 3-Stelliger Höhe, mit einem enormen Arbeitsaufwand, durch Bund-, Kanton,- und Kommunal-Wesen getragen. Der Frage erscheint naheliegend; Könnten diese Arbeits-Ressourcen und Millionenbeträge sinnvoller im all-gemeinen Klimaschutz eingesetzt werden? Anhand des obigen Schemas, dem Brückenmodell leite ich ab, dass sich auf Brückenkopf SITUATION zwar die Handlungsmöglichkeiten, in Form von Infrastruktur, zwar bestehen. Jedoch die Anreize für mehr Effizienz nicht ausreichen. Auf Brückenkopf DISPOSIOTION sorgen auf der einerseits z.B. PUSCH, SUISSE RECYCLING und IGSU für Bildung von neuen Deutungsmustern und antrainieren von erwünschten Handlungsschemata an. Anderseits schliesst sich der Kreis offenbar, gemäss dem Brückenmodell, in den Gewohnheiten der breiten Bevölkerung noch nicht ganz. Ich wage die Behauptung, dass es im Gleichgewicht zur SITUATION noch Entwicklungspotential hat, nämlich in der DISPOSITION, namentlich im in der Umweltbildung.

 

Auf der Suche nach weiteren Lösungsansätzen im Bildungsbereich

Meine persönliche Auffassung von einem wirkungsvollen Klimaschutz im Bezug zu Massnahmen geht in Richtung Mix. Einen Mix, aus einer Vielfalt von Anreizen, Sensibilisierung, Lenkungsabgaben, Belohnungssysteme, Wertschätzung per Wettbewerbseffekt (intrinsisch), Verboten, Förderung der Technologien, stützen einer investierenden Wirtschaft, Einbezug der Forschung, Umweltbildung auf allen Stufen, ernstnehmen der Klimabewegungs-Forderungen, eine flexible Politik mit einem Master-plan, besteht. Und wichtig, dies alles Gleichzeitig. Ich leite daraus auch ein persönliches Erklärungsmodell ab. Die Demographien in verschiedenen Staaten können nicht unterschiedlicher sein. Daher würde sich bei diesem Mix rasch zeigen, wie die entsprechenden Demographischen Gegebenheiten auf welche Massnahmen reagieren, respektive ansprechen. Aufgrund dieser Erkenntnisse, kann ein Staat die Massnahmen gezielter ausrichten, oder gezielter anpassen.

 

Anhand eins Beispiels aus meinem Arbeitsbereich; der Landwirtschaft, möchte ich folgendes aufzeigen. Mit Wertschätzung als Antwort, wenn Anti Littering Massnahmen Erfolg haben und damit weitere Anreize schaffen

Littering, aller möglichen Gegenständen, findet an öffentlichen Anlagen; wie Pärken, Plätzen, im Strassennetz und in Verkehrsinfrastrukturen etc.  statt. Sogar, auch die Naturschutzgebiete, naturnahe Lebensräume sind betroffen und macht auch um Agrarflächen keinen Bogen. Gelangen gewissen Stoffe in den Futterkreisläufe von Nutztieren, kann das gesundheitsschädigende oder sogar lebensbedrohliche Auswirkungen haben. Ich erzähle hier von einer Littering Situation, mit Feuerwerkkörper in unseren Agrarflächen, vom Wagerenhof in Uster, am 2./.3. August 2021.An den ersten Tagen nach den 1.August Feiern unternimmt unser Team alljährlich eine Suchaktion, in welchen wir die Resten der Feuerwerkskörper auf allen unseren Flächen sammeln und entsorgen. In einer Teamzusammensetzung von landwirtschaftlichen Fachmitarbeiter, betreute Mitarbeiter, freiwillige Helfer (Kinder einer Mitarbeiterin) kämmten wir Fläche um Fläche, sowie angrenzende Picknick-Plätze und offizielle Feuerstellen durch. Wir haben erstaunt festgestellt, dass die Orte sehr unterschiedlich stark belastet waren und dass feiernde Besucher offen-bar an bestimmten Plätzen und umliegenden Wiesen die Feuerwerkkörper bereits, im nächtlichen Sehvermögen entsprechend, aufgeräumt haben. Die einen Orte sehr ordentlich, Andere mittel, weitere Orte wenig ordentlich, gerade so, dass sich eine Rangfolge erstellen liess. So kam es uns auf jeden Fall vor. Dies vermochte unser Such-aktions-Stimmung aufzuhellen und bekamen Spass daran, die entsprechenden Orte in ein Notenbewertungssystem einzuordnen, welches wir danach aufzeichneten. So entwickelte sich die Idee, dass wir für jeden bewerteten Platz/Ort, an welchen offenkundlich 1.August Feierlichkeiten stattfanden, für die Orte Plakate zu gestalten. Die Plakate, an Plätzen sichtbar befestigt, sollten Auskunft über die Rangfolge, des mutmasslich unbeabsichtigten Wettbewerbs, geben. In Form von Wertschätzung für den um-sichtigen und sorgfältigen Umgang mit dem entstandenen Abfall. Am Abend haben wir zufrieden Rückschau gemacht und durften an uns selbst beobachten, dass uns die 2-tägige Aktion insgesamt Spass machte und sogar den Ärger bezüglich dem Littering verblassen liess.

Schlussfolgerung aus dem obigen Beispiel

Ich sehe da einen Win-Win -Win- Ansatz, der in eine NUB Methode eingebunden werden kann. Die Betroffenen, die Verursacher, die Umwelt profitiere Allesamt. Das heisst, die aktiven Landwirte durch-brechen ihre eigene subjektive Realität, verändern Ihre Einstellung und Handlungsschemata. Sie bringen den potenziellen Platzbenutzer, auf eine unmittelbare Art und Weise, Wertschätzung zum Ausdruck und haben erst noch Spass am ganzen. Es bringt den Wettbewerbsgedanke ins Spiel, welcher interessante Anreize schaffen, worauf wiederum Jugendliche oder junge Erwachsene oft anzusprechen sind. Schluss endlich ist das Littering behoben, die Flächen Gegenstandsfrei und die Tiere Gesund.

Weiterarbeit im Anschluss

Als Weiterarbeit dieser Räumungsaktion auf den eigenen Agrarflächen, mit angrenzenden öffentlichen Plätzen für 1.August Feierlichkeiten für den privaten Gebrauch, kann natürlich des Weiteren, alljährlich mit den Wettbewerbplakaten weitergeführt werden. Ich gehe von einer intrinsischen Art von Effekt aus, dass wenn vom Wettbewerb betroffene Platzbesucher allmählich jedes Jahr mehr Feuer fangen und mit anderen Plätzen wetteifern oder gar die verschiedenen Plätze im Wechsel nutzen. Dabei er-geben sich Varianten, die den Wettbewerbseffekt vergrössern. Z.B.

  1. Die Plakate Online oder in einen Blog stellen.
  2. Mail und Telefontakt hinterlassen, um den Platzbesuchern die Kontaktaufnahme ermöglichen
  3. Mitwirkung für die Räumungsaktion plus der Teilnahme und Mitausgestaltung des Wettbewerbes für Best – aufgeräumten 1.Augustplatz in Uster ZH fördern
  4. Austausch mit anderen Landwirtschaftsbetrieben und vernetzen mit den Mitwirkenden
  5. Medienaufmerksamkeit auf die sauber aufgeräumten 1. Augustplätze locken
  6. Usw.
  7. Lesende dieser Darstellung ist es freigestellt, diesen Ansatz weiter zu spinnen

Für den Landwirten bleibt der Vorteil, dass er nicht Mehraufwand betreibt. Nein, im Gegenteil. Eher weniger, denn durch den Wettbewerb befeuert nimmt die ganze Aufräumaktion eine Eigendynamik. Im Besten Fall, werden in Zukunft die Feuerwerkskörper von den Verursachern selbstverständlich selbst weggeräumt. Neben Familien können so auch junge Männer, vergleiche mit dem Prototyp, welcher oben beschrieben wird, erreicht werden.

Reflexion zu dieser Darstellung

Mir ist klar, dass meine Geschichte, die sich tatsächlich so wie beschrieben zugetragen hat, sehr spontan und ad-hoc entstanden ist. So wie auch, dass wir nicht wissen, ob unsere Wertschätzung mit Platzbewertung effektiv die angesprochenen Platzbenutzer erreicht hat. Und auch, dass wir nicht vom bestmöglichen Effekt ausgehen können. Es mehr das Erlebnis, welches zum Spass an dieser Wegräumarbeit verhalf und mich inspirierte. Und es bereitet mir Freude, einmal nicht die Faust im Sack gemacht zu haben, wenn ich für Andere aufräume. Und noch mehr Freude! Es ist mir gelungen, meine Mitarbeiter damit anzustecken, welche auch keine Faust im Sack machten. Ich sehe auf diese Weise, die Möglichkeit, das gelernte vom NUB urbaner Raum, in meine alltägliche Arbeit einzufliessen lassen. Und bin gegenüber meinem Arbeitsgeber für die Rahmenbedingungen dankbar, dass solche spontane NUB Aktivitäten einbauen lässt. Am nächsten 2. August wende ich diese Aktion natürlich wieder an und bin gespannt, was ich antreffe. Wie bereits erwähnt, weiss ich nach der Ersten Aktion kaum, welche Ziel-gruppen ich konkret erreicht habe, was ähnlich, wie bei Guerrillas Gardening, oder bei Strassen-botanik-anmalen-mit-Kreide-Aktion, mit einer bestimmten Ungewissheit verbunden ist.

Netzwerkliste

  • IGSU, Recycling Suisse, PUSCH
  • Ralph Hansmann, Umweltpsychologe, ETH Zürich
  • Kantonale öffentliche Dienste mit neuer Verordnung für Ordnungsbussen

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