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Draussen lernen bis die Funken sprühen

#Praxisbeispiele
«Womit lässt sich ein Feuer ganz rasch entzünden?» Die Schülerinnen und Schüler der 4. und 5. Klasse in Gland mussten während ihres Unterrichts im Freien an einem sonnigen Märznachmittag Hypothesen aufstellen und diese überprüfen.

Draussen unterwegs mit der Primarschule Gland (VD)

Nachdem die Kinder versteckte Beutel mit verschiedenen Materialien zum Verbrennen gefunden haben, teilen sie sich in zwei Gruppen auf und betreiben ein wenig Wissenschaft: Es gilt, Hypothesen darüber aufzustellen, wie leicht sich die einzelnen Materialien entzünden lassen und wie lange sie brennen werden. Die Konzentrationsschwierigkeiten, die einige der Kinder haben, weichen bald einem starken Fokus auf das Experiment. Nacheinander dürfen die Kinder unter Aufsicht der Lehrperson ein Material anzünden. Dabei überprüfen sie gemeinsam die zuvor aufgestellten Hypothesen. Der Feueranzünder, der am Schluss des Experiments zum Einsatz kommt, sorgt für derart grosse Begeisterung, dass an die wichtigen Sicherheitsregeln erinnert werden muss. Schliesslich stellen die Lehrpersonen noch den Bezug zum Feuer in der Urzeit her, denn dieses Thema soll später im Unterricht vertieft werden. Die Beobachtung der Kinder während der beiden Lektionen zeigt, dass sie den Aufenthalt im Freien genossen haben, auch wenn er nur kurz war. Alle kehren fröhlich in ihr Klassenzimmer zurück.

Eine andere Art von Unterricht

Die Schulleiterin Bettina Thuillard erzählt, dass alles mit einem besonderen Angebot für Kinder mit Lern- oder Verhaltensschwierigkeiten begann, der «Schule unter freiem Himmel». Manchmal sind es ganze Gruppen, die nach draussen gehen. Einigen Kindern ermöglicht schon das Hinausgehen als solches, sich zu erholen und neue Kraft und Konzentration für den Unterricht zu schöpfen. Bei anderen erlaubt der Ausflug der Lehrperson, das Kind in einem anderen Kontext zu beobachten, um besser zu verstehen, was es allenfalls braucht. Angesichts der positiven Effekte auf die Kinder kam Bettina Thuillard zum Schluss, dass ein solches Angebot auch allen anderen Schülerinnen und Schülern helfen könnte, die Herausforderungen zu bewältigen, denen die Klassen und ihre Lehrpersonen täglich begegnen. Der motivierte Lehrer Christophe Widmer hat deshalb einen besonderen Auftrag: Seit 2022 bietet er einmal pro Woche zwei Lektionen an, in denen der Unterricht draussen stattfindet. Die Lehrerinnen und Lehrer können ihn kontaktieren und bereiten die Lektionen gemeinsam mit ihm vor. Häufig bleibt die Klasse auf dem Schulhof, weil die Zeit von zwei Schulstunden zu kurz ist, um den Wald oder andere Lernorte aufzusuchen. Die zwei Lektionen sind ein freiwilliges Angebot, und dieses wird gemäss Christophe Widmer auch rege genutzt.

Zukunftsvision kooperatives Lernen draussen

Die Schulleiterin verfolgt das Ziel, dass die Lehrerinnen und Lehrer in Zukunft regelmässiger mit ihren Klassen ins Freie gehen. Dafür entsteht aktuell auf einem Grundstück der Gemeinde ein Öko-LernOrt. Er wird verschiedene Bereiche umfassen: einen Permakultur-Garten, Sitzgelegenheiten, Obstbäume und vor allem Platz zum Experimentieren, Staunen und Lernen, wie man zusammenarbeitet. Christophe liegt dieser Ort besonders am Herzen. Er möchte den Lernort draussen nutzen, damit die Kinder lernen ohne Konkurrenz zusammen zu arbeiten und Kooperation üben. Christophe ist nicht der Einzige, der an der Schule Gland die Kooperation zwischen den Kindern ins Zentrum stellt: bereits hat sich dazu eine Arbeitsgruppe formiert, die regelmässig mit ihren Klassen kooperative Spiele und Interventionen ausprobieren. Im Unterricht draussen verbindet sich die beiden Förderbereiche, die soziale Zusammenarbeit zwischen den Kindern und die Stärkung jedes einzelnen, auf optimale Weise.

Dieser Artikel erschien zuerst in «L’éducateur» No. 6, Juni 2023

Muriel Morand Pilot
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