HomeBlog100 Jahre Draussenschule in Milano

100 Jahre Draussenschule in Milano

#Praxisbeispiele

Am 22. April 2023 fand das zweite Austauschtreffen «Insegnare all’aria aperta» statt. Unter den verschiedenen Personen, die mit dabei waren und ihre Erfahrungen teilten, war auch Francesco Muraro, Direktor einer Schule in Mailand, an der seit 100 Jahren Unterricht im Freien praktiziert wird.  Er erzählte von der langjährigen Erfahrung seiner Schule, die sich durch ihre Lage in einem Stadtpark und ihre Teilnahme an innovativen Projekten auszeichnet.

 

von Amina Elia

Draussenschule, Outdoor Education, Draussen unterrichten, das sind Begriffe und Praktiken, die in den letzten Jahren in der Schule, im ausserschulischen Bereich und in der Forschung an Bedeutung gewonnen haben. Wahrscheinlich auch wegen der Covid-19-Pandemie, die uns einerseits dazu veranlasst hat, uns viel in geschlossenen Räumen aufzuhalten, und uns andererseits gelehrt hat, dass das Draussensein die Übertragung von Viren erschwert und das Wohlbefinden verbessert. Schule ausserhalb des Klassenzimmers zu machen, ist jedoch keine Praxis, die erst vor kurzem eingeführt wurde.

Musikunterricht – 90er Jahre

Das beweist eine Mailänder Einrichtung, das Institut «Casa del sole» im Trotter-Park, in dem die Schülerinnen und Schüler schon seit 100 Jahren im Freien lernen. Das Institut wurde in den 1920er Jahren mit dem Ziel gegründet, einen Lernort für die schwächsten Kinder des wachsenden Mailand zu schaffen. Getrieben von der Idee, dass die frische Luft und der Kontakt mit der Natur das Wohlbefinden der benachteiligten Jugendlichen fördert, führten die Lehrpersonen einen grossen Teil ihres Unterrichts im Garten durch. Darüber hinaus wurde ein kleiner Bauernhof eingerichtet, um den Kindern die Pflege von Tieren beizubringen. Das Experimentieren mit Lehrmethoden und die Offenheit für Innovationen begleiten das Institut während seines gesamten Bestehens.

In den 1970er Jahren wurde die Schule in eine integrierte Stadtteilschule umgewandelt, behielt aber ihre besondere Gebäudestruktur und die Nähe zur natürlichen Umgebung bei. Die Schule besteht nicht aus einem einzigen Gebäude, sondern aus mehreren Pavillons, für die verschiedenen Klassen. Ein Erbe aus der Vergangenheit, das immer noch als wertvolle Ressource geschätzt wird, weil es das regelmässige Unterrichten im Freien erleichtert.

Heute haben die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrpersonen dieser Gesamtschule die Möglichkeit, ihren Unterricht ausserhalb des Klassenzimmers abzuhalten, wann immer sie wollen. Jede Klasse hat direkten Zugang zum Park und wird mit speziellem Material ausgestattet. Der Bauernhof ist in verkleinerter Form immer noch vorhanden. Die Schülerinnen und Schüler lernen, mit den dort lebenden Bauernhoftieren umzugehen. 100 Jahre später fördern der Unterricht im Freien und der Kontakt zur Natur weiterhin das Wohlbefinden und die Lernfähigkeit eines kleinen Teils der Mailänder Jugend.

Darüber hinaus ist die kulturelle Vielfalt heute ein wichtiges Merkmal des Viertels, in dem sich die Schule befindet. Rund vierzig Nationalitäten sind in der gesamten Schule vertreten. Heute können die Freiflächen und diversen Lernorte den unterschiedlichen Bedürfnissen der Jugendlichen gerecht werden. Ein Beweis dafür, dass eine visionäre Idee von vor 100 Jahren auch noch lange danach und in einer sich ständig verändernden Gesellschaft Vorteile bringt.

Die Schule gehört unter anderen zu den Gründungsmitgliedern des nationalen Italienischen Netzwerks von Draussenschulen. Jede Mitgliedsschule verpflichtet sich in einer gemeinsamen Vereinbarung zur Gestaltung von Curricula, die vom Draussenlernen inspiriert sind, und zur Schulung des Lehrkörpers, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Das heisst, ein Angebot zu schaffen, das das Wohlbefinden der Lernenden in den Mittelpunkt stellt, das die Kinder in der reale Welt verwurzelt, die durch komplexe und authentische Kontexte gekennzeichnet ist, und für ein Lernen, das sowohl den Geist als auch den Körper aktiviert. Das italienische Netzwerk von Draussenschulen wurde 2016 gegründet und umfasst heute 25 öffentliche Grundschulen. Für die Stiftung SILVIVA war es eine Freude, anlässlich des zweiten Austauschtreffens zum Draussenunterrichten im Tessin mit dieser Umsetzung jenseits der Grenze in Kontakt zu kommen.

Mitreden.
Austauschen.
Diskutieren.

Schreibe einen Kommentar

Zurück zum Blog