
Im Rahmen des CAS Naturbezogene Umweltbildung, im Kurs "Naturbezogene Umweltbildung im urbanen Raum 2018" sind verschiedene Blogbeiträge zu Umsetzungen zu "Lernen in der Stadtnatur" entstanden. Sie werden hier in diesem Format veröffentlicht.
Danke allen Autor*innen und Beteiligten.
Der nächste Kurs "NUB im urbanen Raum" findet vom 16.-18. August 2019 in Zürich statt.
Anselm Perriard
Das Marroni-Projekt
Nach den Herbstferien sitzen alle Kinder gespannt im Kreis.
Kinder, die aus allen Regionen unserer Erde stammen und zusammengewürfelt in meiner Klasse auf das nächste Abenteuer warten.
Dieses Mal sollen die Kinder ihren taktilen Sinn einsetzen, um das Thema zu erfühlen.
Mit Augenbinden gebe ich verschiedene Gegenstände im Kreis herum.
Einige sind ihnen bekannte Naturalien von bereits behandelten Bäumen, andere von der Edelkastanie, unserem neuen Thema.
«Aah Sie, das piekst!» Die Warnung, dass einige Gegenstände stachelig sein könnten, wird von einigen Kindern bewusst ignoriert. «Das kenne ich!», «Hä, was ist das?», «Lebt das?»
Die Kinder sind aktiviert. In unserer Austauschrunde werden die Dinge richtig erkannt und der Buche, der Fichte, dem Ahorn zugeordnet.
Ein Blatt und eine geschlossene Frucht der Kastanie bleiben übrig.
Vermutungen werden über das ‘Neue’ ausgetauscht.
Die Kinder schlagen nach, worum es sich dabei handeln könnte. «Unser neues Thema ist die EDEL-KASTANIE!»
Das Abenteuer kann beginnen…

Ausgangslage
- Ich bin Lehrperson einer Unterstufenklasse in einem QUIMS-Schulhaus. 90% der Schüler*innen sind Kinder mit einem Migrationshintergrund und haben Deutsch als Zweitsprache.
- Handlungsbezogenes Lernen steht in meinem Unterricht stark im Zentrum.
- Es ist Herbst und in unserem Schüler*innengarten steht eine Edelkastanie. Die Marronis wurden bisher nie von Klassen verwendet.
- Zwischen den Herbst- und Winterferien findet ein Elternbesuchstag statt.
Zielgruppe
Primarschüler*innen
Vorgabe
Die Schüler*innen sollen am Elternbesuchstag an einem Marroni-Stand Marronis verteilen.


Zielsetzung
Lehrplan 21
- NMG.2.1Die Schülerinnen und Schüler können Tiere und Pflanzen in ihren Lebensräumen erkunden und dokumentieren sowie das Zusammenwirken beschreiben.
- NMG.2.6 Die Schülerinnen und Schüler können Einflüsse des Menschen auf die Natur einschätzen und über eine nachhaltige Entwicklung nachdenken.
- NMG.6.1Die Schülerinnen und Schüler können unterschiedliche Arbeitsformen und Arbeitsplätze erkunden.
- NMG.6.3 Die Schülerinnen und Schüler können die Produktion und den Weg von Gütern beschreiben.
- NMG.10.1Die Schülerinnen und Schüler können auf andere eingehen und Gemeinschaft mitgestalten.
- NMG.10.5 Die Schülerinnen und Schüler können eigene Anliegen einbringen sowie politische Prozesse erkennen.
- D.4.D.1 Die Schülerinnen und Schüler können ihre Ideen und Gedanken in eine sinnvolle und verständliche Abfolge bringen.
- MA.3.A.2Die Schülerinnen und Schüler können Grössen schätzen, messen, umwandeln, runden und mit ihnen rechnen.
- BG.2.A.1Die Schülerinnen und Schüler können eigenständige Bildideen zu unterschiedlichen Situationen und Themen alleine oder in Gruppen entwickeln.
- BG.2.A.2Die Schülerinnen und Schüler können eigenständig bildnerische Prozesse alleine oder in Gruppen realisieren und ihre Bildsprache erweitern.
- TTG.2.A.2Die Schülerinnen und Schüler experimentieren und können daraus eigene Produktideen entwickeln.
- TTG.2.A.3 Die Schülerinnen und Schüler können gestalterische und technische Produkte planen und herstellen.
- TTG.2.B.1 Die Schülerinnen und Schüler können Funktionen verstehen und eigene Konstruktionen in den Themenfeldern Spiel/Freizeit, Mode/Bekleidung, Bau/Wohnbereich, Mechanik/Transport, und Elektrizität/Energie entwickeln.
Planungsphase
Vor dem Elternbesuchstag
- Lehrperson gibt der Klasse die Vorgabe (Die Schüler*innen sollen am Elternbesuchstag an einem Marroni-Stand Marronis verteilen.) bekannt.
- Lehrperson sammelt schriftlich gemeinsam mit den Kindern alles, was es für die Realisierung des Projekts braucht.
- Da die eine Edelkastanie in unserem Schüler*innengarten zu wenig Ertrag für unser Projekt gibt, wird per Baumkataster der Stadt Zürich gesucht, wo in der näheren Umgebung weitere Edelkastanien stehen.
- Marronis werden über mehrere Tage gesammelt.
- Die Kinder planen auf verschiedene Weisen den Standbau.
- Die Schüler*innen suchen im Internet nach verschiedenen Anleitungen für das Falten von Tüten. Die Kinder erfinden, nach dem Einwand, dass Marroni-Tüten stets zwei Fächer haben, eine eigene 2-fächrige-Tüte.
- Nach der Planung beginnen die Kinder die Tüten zu falten und den Stand zu bauen.
- Die Schüler*innen bestimmen in einer Diskussion, dass jeweils 4 Marronis in eine Tüte kommen sollen. Die Kinder zählen die Marronis und versuchen zu ermitteln, wie viele Tüten wir damit füllen können.
- Die Kinder besprechen, was auf dem Stand und wie geschrieben und gezeichnet sein soll und beginnen mit dem bemalen.
- Mit den Schüler*innen werden die verschiedenen Aufgaben am Elternbesuchstag definiert und die Verantwortlichkeiten festgelegt.
- Die Gruppe, die für das Rösten zuständig ist, rösten Marronis zur Probe.
Durchführungsphase
Am Elternbesuchstag
- Die Schüler*innen schneiden die Marronis ein.
- Eine Gruppe baut den Stand auf.
- Eine Gruppe röstet die Marronis.
- Die Klasse verteilt die Marronis mit vollem Erfolg.
Innerhalb von 10 Minuten sind 6kg Marronis weg.
Schlussphase
Nach dem Elternbesuchstag
- Zusammen mit den Kindern machen wir einen Rückblick und halten sprachlich unsere Stationen fest.
- Die Kinder halten individuell in ihrem persönlichen Lerntagebuch das Marroni-Projekt mit eigenen Anekdoten, Fotos und Zeichnungen fest.
Reflexion
Der ganzheitliche, handlungsorientierte und naturbezogene Unterricht entspricht den Kindern sehr.
Sie können sich vertieft mit einem Thema auf verschiedenen Ebenen auseinandersetzen, was nicht nur das Lernen nachhaltig macht, sondern auch zu nachhaltigerem Handeln geführt.
Der bewusste und sorgfältige Umgang mit den natürlichen Ressourcen wurde mit diesem Projekt thematisiert, geübt und verknüpft.
Dieser hat sich unter anderem folgendermassen geäussert:
- Die Kinder erkennen auch an neuen Sammelorten die Edelkastanien anhand verschiedener Merkmale immer schneller.
- Es berührt sie, dass auch die Edel-Kastanie bei uns in Zürich eingewandert ist, wie viele von ihnen selber auch, und dass sie ebenfalls das wärmere Klima bevorzugt.
- Das Wissen, dass die Früchte der Edel-Kastanie im Herbst reif sind und eingesammelt werden können. (Es wurde in der Klasse ein Marroni-Projekt zu einer anderen Jahreszeit diskutiert)
- Auf Grund von «Die Kastanie ist das Dessert für die Tafel der Reichen sowie das Fleisch für die Armen» haben sich die Kinder Gedanken gemacht, weshalb die Edel-Kastanie nur noch selten Platz auf unseren Tellern findet.
Die gute Einbettung des Projekts durch die Thematisierung der Beschaffenheit, des Vorkommens, der Geschichte und der Nutzung in den Unterricht scheint mir unerlässlich.
Weiter hätte ich noch vermehrt die Sprache in Form von Gedichten zur Edel-Kastanie oder eine gestalterische Arbeit zum Aussehen des Baumes und seiner Beschaffenheit einbauen können.
So würde ich das nächste Abenteuer bereichern.
Netzwerk
- Baumkataster der Stadt Zürich: Sammelplätze suchen
- Leitung Hausdienst & Technik der Schule: Input zu Baumpflege
- Naturschulen - Grün Stadt Zürich: Fachwissen Edel-Kastanie
- Marroni-Verkäufer, z.B. Albisriederplatz ZH: Fachwissen Zubereitung Marroni
- Baum des Jahres 2018: Fachwissen Edel-Kastanie
- Verbreitung Kastanie: Verbreitung der Edel-Kastanie
Download Projektbericht & Planung
Naturbezogene Umweltbildung im urbanen Raum

CAS Schnuppertag

Die nächsten Schnuppertage zum CAS Lehrgang finden im November 2019 und Februar 2020 statt.
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