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  • Achtsamkeitist nirgendwo leichter als in der Natur

EducaTerre: eine Schule, die das ganze Jahr an der frischen Luft ist

Kinder im winterlichen Wald

In der Region Sion im Wallis haben 21 Kinder von der ersten bis zur dritten Klasse die Möglichkeit, draussen zur Schule zu gehen.

 

Zwei Lehrerinnen und eine Praktikantin begleiten sie auf ihren konkreten und vielfältigen Lernwegen, immer in enger Verbindung mit ihrem täglichen Leben.

Zu jeder Jahreszeit draussen?

Das Schuljahr bei EducaTerre hat zwei Gesichter: das Sommerquartier ist in Sion, mitten in den Gemeinschaftsgärten, und ein Bauwagen dient als Unterschlupf, wenns mal sein muss. Die Kinder und Lehrpersonen verbringen die ganze Zeit draussen. Im Winter ziehen sie zu einem kleinen Chalet bei Vex. Dann findet etwa 40% des Unterrichts draussen statt, je nach Wetter und Bedürfnissen der Kinder.

das Sommerquartier von EducaTerre
das Winterquartier von EducaTerre

Alle Fachbereiche werden abgedeckt. "Bevor ich angefangen habe, bei EducaTerre zu unterrichten, habe ich mich gefragt, was ich denn draussen tun könnte. Jetzt frage ich mich, was ich nicht draussen unterrichten kann" erklärt Cloé Schaller, eine der Lehrerinnen. "Es reicht, sich im Voraus etwas auf das Wetter einzustimmen und sich zu organisieren. Damit es Wind und Regen aushält, laminieren wir Material auf Papier. Die Schüler*innen können darauf schreiben, und man kann die Unterlagen erst noch wieder verwenden. Hefte sind praktischer als Ordner mit ihren davonfliegenden Blättern. Schreiben kann man auch im Sand, in der Erde, im Schnee oder mit Körpereinsatz."

 

Drinnen werden Bücher besprochen oder weitere Arbeiten geplant.

Ein ideales Umfeld

Basteln ist ganz offensichtlich viel einfacher im Freien: "Die Kinder arbeiten mit dem Material, das sie vor Ort finden. Wir machen z.B. viel Landart." Auch Mathematik ist gut geeignet: Zahlen und Räume sind sehr konkrete Gegenstände, die überall vorkommen, und das logische Denken auch. Die motorische, soziale, emotionale und ethische Entwicklung geschieht intensiver ausserhalb von Wänden. "Draussen geben wir den akademischen Inhalten eine Bedeutung!" betont Isaline Pilet. Auch die fächerübergreifenden Kompetenzen wie Zusammenarbeit, Kommunikation, Lernstrategien und kreatives Denken und Reflektieren werden draussen besonders gefördert.

 

Der Stundenplan der Tagesschule (9 bis 15 Uhr) ermöglicht ein intensives Zusammenleben: die Kinder werden schnell selbständig und übernehmen Verantwortung für ihre Aufgaben, sei es den Kompost zu leeren oder den Abwasch zu machen, aber auch für ihre persönlichen Aufgaben wie Zähneputzen oder ihre Dinge zusammenzubehalten.

Klerttern als Schulfach
eigene Wege gehen

Die Lehrpersonen stellen fest, dass die Kinder sehr deutliche und schnelle Fortschritte in der motorischen Entwicklung machen, wenn sie sich in unebenem Gelände bewegegen; auch die sozialen Kompetenzen (Zusammenarbeit, gemeinsame Projekte umsetzen, Initiative ergreifen) und ihre Selbstlernkompetenzen werden gefördert und gestärkt: die Kinder sind draussen neugierig, aktiv und motiviert. Sie begreifen sehr schnell, wie sie sich in Büchern Wissen holen können, lernen Wortschatz über das Geplante hinaus und manche entwickeln auch ein Gefühl für den Wert der Natur und sensibler im Umgang mit ihr.

Weil sie draussen ständig mit Ablenkungen konfrontiert sind, entwickeln sie ihre Konzentrationsfähigkeit. Sie lernen schnell, Ablenkungen, die sie nicht betreffen auch mal zu ignorieren.

"Eine Besonderheit von EducaTerre ist, dass die Schule auch sehr offen ist für das soziale, kulturelle, sportliche und wirtschaftliche Umfeld in der Region. Die Schülerinnen und Schüler besuchen regelmässig die Mediathek, Bauernhöfe, den Flughafen, Museen, einen Ponyhof oder ein Simulationszentrum für Erdbeben" erklärt Nathalie Barras, Mitglied der Schulleitung.

Feldforschung

Ein Schüler beginnt sich für Elektrizität zu interessieren, weil er wissen will, wie das mit dem Zaun für die Kühe funktioniert. Ein anderer Schüler stellt fest, dass die Erde ihre Festigkeit mit der Kälte verändert, indem er springt und hüpft. Die schüchternen Mädchen waren die ersten, die beim Aufschichten und Anzünden des Feuers helfen wollten und ihre Namen mit Kohle auf die Steine schrieben.

Eine Lehrerin, die seit 30 Jahren im Zyklus 2 unterrichtet, erzählte Nathalie Barras: "Seit letztem Jahr gehe ich jeden Freitag Nachmittag raus mit meiner Klasse, und wenn wir aus dem Wald zurückkommen, sagen die Schülerinnen und Schüler Danke zu mir, das gab es vorher nie!"

Zurück in die "normale" Schule

Kinder draussen unterweges

"Die ersten Schülerinnen und Schüler von EducaTerre - die 2015 gegründet wurde - haben die Übertritt in die nächste Klasse gut gemeistert. Wir bereiten sie sorgfältig und in enger Zusammenarbeit mit dem Schuldirektor vor" versichert Nathalie Barras.

Mit Händen und Füssen in der Erde

Nathalie Barras, was raten Sie Lehrpersonen, die gerne draussen unterrichen möchten?

 

Sich einen guten Platz zu suchen! Er muss genug sonnig und geräumig sein, so dass die Kinder sich bewegen können, aber auch ruhig (z.B. ein kleiner Wald am Stadtrand), und natürlich gut erreichbar zu Fuss oder mit dem öffentlichen Verkehr. Idealerweise ist er so beschaffen, dass die Kinder wirklich mit Händen und Füssen die Erde erleben können.

 

Ausserdem empfehle ich eine Weiterbildung, wie den Jahreszeitenkurs von SILVIVA oder an einer PH -  dort, wo diese angeboten werden.

Isaline Pilet
Isaline Pilet
Nathalie Barras
Nathalie Barras
Cloé Schaller
Cloé Schaller

Muriel Pilot, Stiftung SILVIVA

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